Rückkehrgespräche
Wie ein strukturierter Prozess für Rückkehrgespräche die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigert und gleichzeitig die Absenzenquote reduziert.
Das Praxisbeispiel in Kürze
Problem
Die Absenzenquote der Mitarbeitenden war auffällig hoch, was eine erhebliche Herausforderung innerhalb des Betriebes darstellte.
Das Unternehmen Bourquin SA erhebt monatlich verschiedene Kennzahlen, einschliesslich der Absenzenquote. Eine wiederholte, hohe Absenzenquote, die über längere Zeit nicht angemessen behandelt wurde, motivierte die Geschäftsleitung, aktiv nach Lösungen zu suchen. Ein Rückkehrgespräch wurde im Betrieb bereits vor einiger Zeit eingeführt. Im Laufe der Zeit wurde dieses jedoch nicht mehr aktiv verwendet und blieb unangepasst an eventuelle Veränderungen im Arbeitsumfeld.
Lösung
Um die Absenzenquote zu senken und die Mitarbeitenden bei der Rückkehr an den Arbeitsplatz zu unterstützen, wurde das brachliegende Rückkehrgespräch wiederbelebt.
Im Oktober 2018 erhielten zwei Personen aus der Personalabteilung von der Geschäftsleitung den Auftrag, sich mit Massnahmen rund um das betriebliche Gesundheitsmanagement zu befassen. Dabei lag der Fokus vor allem auf der hohen Absenzenquote. Ziel war es, mögliche Indikatoren zu identifizieren, die zu ihrem Anstieg beigetragen haben könnten und die Absenzenquote zu reduzieren. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde das Rückkehrgespräch neu ausgerichtet: Sowohl der zugrundeliegende Prozess als auch das verwendete Formular wurden angepasst und optimiert.
Nutzen
Die Rückkehrgespräche haben dazu beigetragen, die Absenzenquote zu reduzieren, indem die Bedürfnisse der Mitarbeitenden besser verstanden wurden. Dadurch konnten Kosten gesenkt werden.
In den ersten zwei Jahren nach der Einführung sank die Absenzenquote um je 0.5% pro Jahr. Dadurch mussten seltener teure temporäre Mitarbeitende eingesetzt oder Überstunden angeordnet werden.
Zum anderen wurde die Gesundheit der Mitarbeitenden gefördert. Das persönliche Gespräch half zu verstehen, was die Mitarbeitenden benötigen, um wieder vollständig einsatzbereit zu sein und welche präventiven Massnahmen ihre Gesundheit unterstützen können.
Schliesslich hat die Einführung von Rückkehrgesprächen zu zufriedeneren Mitarbeitenden geführt, da sie spüren, dass ihre Gesundheit als wichtig erachtet wird.
Über die Bourquin SA
Die Bourquin SA mit Sitz in Couvet, Oensingen und Schlieren ist einer der führenden Schweizer Hersteller von Verpackungslösungen aus Voll- und Wellkarton. Das Familienunternehmen beschäftigt an drei Standorten (zwei Produktionsstandorte) rund 240 Mitarbeitende.
Schweizer Verpackungslösungen – schnell, persönlich und nachhaltig, lautet die Vision der Bourquin SA, die unter einer wertschätzenden und familiengeführten Eigentümerstruktur agiert.
Rückkehrgespräche tragen nicht nur zur erfolgreichen Wiedereingliederung der Mitarbeitenden in den Arbeitsalltag bei, sondern liefern auch wichtige Erkenntnisse, um mögliche Probleme oder Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen.

Konkrete Umsetzung

Einführung
- Dauer: ca. 4-5 Monate
- Kosten: ca. CHF 2000.- für Krankentaggeldversicherung
- Teilnahme der Führungskräfte an Workshops (1h)
Zur Umsetzung dieser Massnahme wurde das ursprüngliche Zweier-Team um zwei Personen erweitert, darunter um den Leiter der Finanzen, der auch Mitglied der Geschäftsleitung ist. Das Team ging wie folgt vor:
- Analyse aktueller Prozesse und Formulare: Das Team startete mit einer gründlichen Untersuchung des existierenden Prozesses und der verwendeten Formulare für Rückkehrgespräche.
- Einbindung der Krankentaggeldversicherung: Schon früh im Entwicklungsprozess wurde die Krankentaggeldversicherung des Unternehmens einbezogen. Deren Mitarbeitende sind spezialisiert auf das betriebliche Gesundheitsmanagement und konnten wertvolle Ratschläge geben.
- Erstellung des Formulars: Das Team entwarf ein neues Formular mit allen relevanten Elementen für Rückkehrgespräche. Das Formular kann auch als Gesprächsprotokoll eingesetzt werden.
- Überprüfung durch die Krankentaggeldversicherung: Nach Fertigstellung liess das Team das neu entworfene Formular von den Experten der Krankentaggeldversicherung prüfen und verbessern.
- Zustimmung durch die Geschäftsleitung: Anschliessend wurde das Formular samt Prozessablauf der Geschäftsleitung präsentiert und von dieser genehmigt.
- Schulung der Führungskräfte: Während der Entwicklung wurden die Führungskräfte stetig über den aktuellen Stand informiert. Nach der Fertigstellung fand eine Schulung statt, in der sie den neuen Prozess des Rückkehrgesprächs kennenlernten und erfuhren, worauf sie achten sollten. Es wurden zwei einstündige Workshops durchgeführt, an denen je zehn Führungskräfte teilnahmen. Die Inhalte umfassten drei Teile.
Teil 1: Erläuterung der Bedeutung und Ziele des Rückkehrgesprächs.
Teil 2: Präsentation des neuen Formulars und Hinweise auf wichtige Aspekte, die berücksichtigt werden müssen.
Teil 3: Tipps und Tricks für die effektive Durchführung des Rückkehrgesprächs und eine Sensibilisierung für die Gesprächsführung, um eine Begegnung auf Augenhöhe zu schaffen.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Bourquin SA das überarbeitete Rückkehrgespräch nicht als Kontrollinstrument sieht. Vielmehr dient es als strukturierte Unterstützung, um Mitarbeitenden nach einer Abwesenheit die Wiedereingliederung in den Arbeitsalltag zu erleichtern und gleichzeitig ihre Zufriedenheit zu steigern.
Integration im Tagesgeschäft
- Dauer: 30 Min. pro Woche für die Personalabteilung
- Aufwand Führungskräfte: ca. 30 Min. pro Gespräch
Nach der Einführung und Schulung der Führungskräfte wurde das Formular im Tagesgeschäft integriert. Ein Rückkehrgespräch findet ab dem ersten Tag nach der Abwesenheit aufgrund von Unfall oder Krankheit statt. Die Führungskräfte können gemeinsam mit der betroffenen Person entscheiden, ob sie sich für das Rückkehrgespräch in einen Sitzungsraum zurückziehen möchten oder dies (bei kurzen und unauffälligen Absenzen) am Arbeitsplatz durchführen.
Die Verantwortlichkeiten sind wie folgt geklärt:
- Ausfüllen des Formulars: Die Führungskraft füllt das Formular ab dem ersten Abwesenheitstag aus und leitet es an die Personalabteilung weiter. Abhängig von der Abwesenheitsquote erfordert dies maximal 30 Minuten pro abwesende/r Mitarbeiterin oder Mitarbeiter und Gespräch.
- Überprüfen des Formulars: Das Team, das für die Ausarbeitung des Prozesses verantwortlich war, überprüft, ob das Formular korrekt ausgefüllt wurde. Dies entspricht, je nach Abwesenheitsquote, einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand von 30 Minuten pro Woche für das zweiköpfige Team.
Ein Jahr nach der Implementierung wurde das Formular basierend auf dem Feedback der Führungskräfte angepasst und optimiert.

Für die erfolgreiche Wiedereinführung der Rückkehrgespräche war wichtig, dass die Geschäftsleitung die Massnahme unterstützte.
Unsere Absenzenquote ist gesunken, aber es brauchte eine Weile, bis die Massnahme Wirkung zeigte.
Argumente:
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1Rückkehrgespräche können Fehlzeiten reduzierenBackes-Gellner, U., Schorn, R. & Krings, A. (2001). Ursachen und Abbau von Fehlzeiten: Analysen auf Basis einer mehrjährigen Betriebsfallstudie. Zeitschrift für Betriebswirtschaft, 71, 105-118.
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2Krankgeschriebene Arbeitnehmer erleben dialogbasierte Intervention am Arbeitsplatz als gesundheitsfördernd, da sie die Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten und anderen beteiligten Akteuren verbessert und die Rückkehr unterstützt.Strömbäck M, Fjellman-Wiklund A, Keisu S, Sturesson M, Eskilsson T. (2020). Restoring confidence in return to work: A qualitative study of the experiences of persons with exhaustion disorder after a dialogue-based workplace intervention. PloS One.